In den letzten beiden Wochen gibt es eine Frage, die mir wirklich ziemlich häufig gestellt wurde, als ich von dem waghalsigen Plan berichtete, wie schon im letzten Jahr wieder einen Teil meines Urlaubs für die Kinderfreizeit aufwende, warum ich das eigentlich mache.
Deshalb habe ich beschlossen, die Gründe dafür hier kurz zusammenzufassen:
Ich war selbst seit meiner Geburt römisch-katholisch. Nach der Kommunion, also so mit ca. 8-9 Jahren habe ich dann das erste Mal Kontakt mit dem Jugendangebot meiner Gemeinde bekommen. Damals gab es bei uns nur die Pfadfinder und nach dem Besuch von ein oder zwei Gruppenstunden der Wölflinge war ich von der Faszination Jugendgruppe gefangen.
Gern bin ich damals wieder zu den Pfadis gegangen, habe alle Stationen bis zum Rover durchlebt und mich selbst an den Fahrten, Zeltlagern und der Gemeinschaft erfreut.
Irgendwann kam dann die Zeit der Firmung und für mich auch der Einstieg in die Leiterrunde meines Stammes. Verantwortung übernehmen, Traditionen weiterführen, das war für mich das damals wichtigste Argument, warum ich das machen wollte. Kindern eine Form von gelebtem Christentum, von christlichen Wertevorstellungen in der praktischen Anwendung vermitteln, Gemeinde erleben.
Schon während meines Abis fehlte mir aber leider die Zeit, weiterhin Jugendarbeit zu machen. Der Wunsch, dies zu tun, idealerweise punktuell mit einem gewissen Zeitaufwand, ohne eine Gruppenstunde zu betreuen (denn das geht in meinem Job leider nur sehr schlecht), blieb jedoch bestehen.
Aus einer nun ca. 10jährigen Distanz zu meinem Pfadfinder-Sein habe ich nämlich verstanden, dass es nicht unbedingt das gelebte Christentum ist, was mein Motivator für Jugendarbeit ist. Es ist derzeit eher die Erkenntnis, dass Jugendgruppen und Jugendfreizeiten die einzige Möglichkeit für junge Menschen bieten, über gewisse soziale Grenzen hinaus miteinander ohne Leistungsdruck zu interagieren. Sicherlich gibt es Sportvereine und Schulen, aber hier steht immer der Leistungsgedanke im Vordergrund. In einer Jugendgruppe hingegen zählt einzig die soziale Kompetenz eines jeden einzelnen Kindes. Und da dies in anderen Kontexten zu wenig gewürdigt wird, finde ich es wichtig, diese Plattform für Kinder bereitzustellen.
Ich selbst habe so zum Beispiel gelernt, dass es neben „LK-Wahlen“ auch Themen wie „die ersten Wochen in einem Ausbildungsberuf“ gibt und es alternative Lebensmodelle zu „Abi-Studium-Ingenieursjob“ gibt.
Daher ist für mich die Kinderfreizeit in meiner derzeitigen Lebenssituation ein wunderbares Ventil, um das Bedürfnis nach „giving back“ auszuleben. Eine regelmäßige Gruppenstunde, die ich definitiv vorziehen würde, um Kinder auch in einer Entwicklung begleiten zu können, geht nämlich derzeit nicht. Aber auch auf der Kinderfreizeit treffe ich ja rund 1/3 „alter“ Kinder aus dem letzten Jahr wieder und kann sie somit auch ein Stück ihres Weges begleiten.
Ich hoffe, damit ist die Frage nach dem „warum machst Du das“ ausführlich genug beantwortet; mehr Input gerne per Mail oder im persönlichen Gespräch.
5 Antworten zu “Warum ich Jugendarbeit mache”
Hätte ich kaum besser beschreiben können. Ich find mich da sehr stark drin wieder (auch wenn der christliche Apekt für mich eher im Hintergrund stand).
Nun, der christliche Hintergrund ist ja auch aus der Distanz heraus nicht wirklich da. Es war eher der Gedanke, dass das Wertemodell unserer Gesellschaft sehr stark auf dem christlichen Wertemodell fußt und eine gesellschaftskompatible Erziehung daher auch gleichzeitig eine Erziehung nach ebenjenen (unserer Kultur sehr stark immanenten) Werten sein sollte.
Kinder sollten eben lernen „sozial“ miteinander umzugehen. Das habe ich eine Zeit mit Christentum und Kirchenbezug verwechselt, das hat sich jetzt aber geändert.
Ich würde mal behaupten, dass sich die oft so genannten „christlichen Werte“ ziemlich automatisch ergeben, wenn eine Gruppe Menschen über längere Zeit friedlich miteinander auskommen möchte. Natürlich halten sich nicht immer alle daran, aber die Mehrheit schon. Aber ist schon klar, dass gerade heutzutage vielen Kindern das „Gruppenerlebnis“ fehlt, wo sie sowas lernen können, ohne erst im „wirklichen Leben“ unangenehm aufzufallen…
Ich bewundere alle, die sich so eine Kinder-Bespaß-Aktion freiwillig geben, für mich wäre das nichts (ich bespaße da lieber die älteren Kinder, auch Studenten genannt… ;-))
Dass die christlichen Wertvorstellungen (wie sie ursprünglich gedacht sind), sich ind er Pfadfinderei ergeben und wiederfinden, ist unbestreitbar.
Was ich sagen wollte, ist, dass ich auch damals (als ich als Juffi eingestiegen bin, aber auch später) das Pfadfinder-sein nciht mit Kirche und Gemeinde verbunden hab. Was aber auch daran liegen mag, dass wir in unserer Gemeinde immer ziemlich geschasst wurden und werden.
Ansonsten halt 100% Zustimmung (und ich hab ja auch immer noch ne Gruppe ;))
Schön was zur ehrenamtlichen Jugendarbeit zu lesen. Wir haben dazu ein spannendes Interview anzubieten:
http://landesjugendvertretung.de/index.php?client=1&lang=1&idcatart=1644
(das spezifisch evangelische können Sie ja gedanklich streichen)