Hello Fresh – Test der Kochbox

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Wie Einige von Euch ja bereits auf Knitterfees Blog gesehen haben, testen wir gerade bei uns zu Hause unterschiedliche Kochboxen. Das Konzept dahinter ist so einfach wie genial: Es wird eine Art Bausatz für zwei bis fünf Mahlzeiten wird wöchentlich nach Hause geliefert. Die Boxen beinhalten dann neben den Rezepten, die idiotensicher sein sollten, auch alle benötigten Zutaten. Dazu sollten sie zwei Erwachsene satt machen und einige Herstelller – darunter Hello Fresh – werben damit, überwiegend Bioprodukte zu verarbeiten. Alles in allem also viele erstrebenswerte Dinge, vor allem, da ich 39 EUR für drei Mahlzeiten oder 49 EUR für vier Mahlzeiten nicht überteuert finde.

Wir haben letzte Woche Kochzauber getestet, da lief alles glatt, aber wir waren irgendwie nicht so ganz überzeugt; warum, kann ich im Nachhinein gar nicht mehr sagen. Die Rezepte stimmten, alle Zutaten wurden mitgeliefert, wir sind satt geworden und es gab interessante Gerichte. Und das Beste daran: die Rezepte waren so gut, dass ich keins davon versaubeutelt hab.

Diese Woche ist Hello Fresh dran. Wir testen zwar noch, aber ich bereue es nicht, bereits nach dem ersten Rezept die Box wieder abbestellt zu haben. Ich versuche, die Gründe, die sich teilweise auch erst nach und nach im Laufe der Woche ergeben haben, zusammenzufassen:

  • HelloFresh macht nicht sattLeider wurden wir gerade bei den Gerichten mit Fleischanteil nicht satt. 200g Putenbrust für zwei Personen ist einfach sehr, sehr wenig – und auch wenn HelloFresh es behauptet, satt kann man davon einfach nicht werden. Bei Biofleisch hätte ich die geringere Menge akzeptiert, auch sofern eine Kompensation durch mehr Gemüse gegeben wäre, aber auch das gibt’s hier nicht. Für mich scheint das eine recht einfache Maßnahme zur Gewinnmaximierung zu sein; bei Gerichten mit nicht so teuren Zutaten – der Kürbissuppe – reichen die Portionen nämlich locker zum satt werden aus.
  • HelloFresh ist nicht zu 80% BioIch kann nicht glauben, dass HelloFresh zu 80% Bio Zutaten verarbeitet. Gut, es waren in unserer Lieferung  zwar viele der abgepackten Produkte Bio, das Fleisch war jedoch nicht bio und auch das Gemüse und die Gewürze hatten keine Bio-Kennzeichnung, genauso wie die Nudeln und der Reis. Da HelloFresh jedoch leider keine Auflistung darüber bereitstellt, welche Zutaten wie zertifiziert sind, muss ich damit davon ausgehen, dass der überwiegende Teil der Produkte nicht bio ist. Und das ist mir gerade bei Gemüse und Fleisch wichtig; ob der Apfelsaft nun demeter ist oder nicht, das ist für mich nicht so relevant.
  • HelloFresh prüft die Rezepte nichtIn unserer Box gab es bislang in jedem Rezept einen Fehler oder eine Unverständlichkeit. So fehlten in den Rezepten teilweise Zutaten (Orangensaft und Paprikapulver – wann gibt man diese zu?), die in den Zutatenlisten zu den einzelnen Gerichten aufgelistet waren, es wird verlangt aus 200g Hack + Ei + Semmelbröseln und einer halben Zwiebel 15 Hackbällchen zu formen (das Rezept ist gleich geschrieben für 2, 4 und 6 Personen), teilweise stimmen Namen auf den Zutaten und in den Rezepten nicht überein (geriebene Chillies vs. Cayennepfeffer) oder werden Zutaten mitgeliefert, die weder in der Zutatenliste noch im Rezept erwähnt sind (Kürbiskerne wurden mitgeliefert, obwohl eigentlich vorgesehen war, die Kerne des Kürbis selbst zu rösten).
    Für mich wirkt das so, als würden die Rezepte nicht ausprobiert, bevor die Box verschickt wird. Anders kann ich mir diese Häufigkeit an Fehlern nicht erklären.
  • HelloFresh liefert fehlerhaftIn unserer Box wurde die dreifache Menge Cayennepfeffer (3g statt 1g) geliefert; wenn ich das nicht vorher gemerkt hätte, hätte das ein ganzes Gericht ordentlich verhauen können. Außerdem fehlen die Semmelbrösel, die in der Zutatenliste aufgeführt, aber nicht mitgeliefert wurden.
  • HelloFresh macht unrealistische Annahmen an KüchenausstattungIn einem der aktuellen Rezepte (Kürbissuppe) wird nebenbei gefordert, die Suppe mit einem Stabmixer zu pürieren. Wir hatten Glück und einen ebensolchen Stabmixer durch Zufall im Haus; zur normalen Küchenausstattung gehört sowas aber nicht. Ebenfalls nicht gut: HelloFresh hat keine Übersicht am Anfang eines Rezepts oder für die gesamte Woche, welche Küchenutensilien verwendet werden. Vielleicht kann man ja einen Stabmixer kaufen oder ausborgen, wenn man vorher weiß, dass er benötigt wird. Wenn er jedoch in der Mitte des Rezepts in einem Nebensatz auftaucht, ist das mehr als unglücklich.
  • HelloFresh ist langweiligDie Gerichte, die HelloFresh auf den Tisch bringt, sind allesamt so oder sehr ähnlich bei uns zu Hause schon einmal gekocht worden: Hackbällchen aus dem Ofen in Tomatensauce auf Reis, Geflügelbrust in Sahnesauce auf Penne, Kürbissuppe. Ich habe mir hier mehr Abwechslung oder gewagtere Gerichte erhofft, Zutaten, die man sonst nicht verarbeitet. Massenkompatiblität geht hier offenbar vor.
  • HelloFresh ist intransparentHelloFresh ist eine Rocket Internet Tochter. Das steht aber nicht im Impressum, sondern lediglich in den Stellenanzeigen. Es gibt – im Gegensatz zu z.B. der UK Webseite des Franchise – keine Fotos des Teams, nur hier und da werden sporadisch Namen genannt. Zutaten und Mengen kann man vorab nicht sehen, Lieferanten werden nicht genannt. Im Gegensatz dazu, auch auf der UK Website, sieht man genau die gelieferten Mengen für die Rezepte dokumentiert: http://checkthis.com/qq9h und bekommt ebenfalls die Lieferanten namentlich genannt: http://www.hellofresh.co.uk/aboutus_ingredients/. All das gibt es auf der deutschen Website nicht, stattdessen Allgemeinplätze über gesundes Essen und 100 andere Gründe, warum die Idee, die 5 andere Anbieter in Deutschland ebenfalls am Markt haben, im Prinzip eine gute ist. Keine Differentiatoren (wir sind besser, schöner, schneller, toller, netter weil…), keine Unternehmensgeschichte.
  • HelloFresh baut auf PraktikantenWenn wir uns das aktuelle Jobs-Seite von HelloFresh anschauen, fällt auf, dass 50% der zu besetzenden Stellen Praktikatenjobs sind. http://www.hellofresh.de/jobs/
    Für mich sieht es so aus, als hätte Rocket Internet die Idee oder Brand HelloFresh lizenisert und versucht jetzt das Ganze gewinnmaximiert und ohne Herzblut in den deutschen Markt zu bringen. Hier gibt es keine „Nasen“, die das Produkt entwickelt haben, keine Gründer, die eine Geschichte zu erzählen haben; stattdessen potentiell schlecht bezahlte Praktikanten ohne Erfahrung und ohne persönlichen Bezug zum Produkt. Es ist nunmal ein Unterschied, ob man selbst Gründer eines Startup ist oder nur ein Praktikum bei irgendeiner Web 2.0 Bude macht – und das hat potentiell auch Auswirkungen auf die Arbeit, die abgeliefert wird. Das würde zum Beispiel die fehlerhaften Rezepte, die fehlerhaft gepackte Box, aber auch so Dinge wie den grammatikalisch, orthographisch und stilistisch nicht mal mehr grenzwertig  geschriebenen Affiliate-Partner-Guide erklären. You get what you pay for.

Fazit für mich: Ich bin froh, wenn nächste Woche wieder ein anderer Anbieter auf den Tisch kommt und werde mir 3x überlegen, ob ich bei HelloFresh in der Zukunft Geschäft generieren werde. Es gibt einfach bessere Alternativen zu deren Produkt am Markt. Desweiteren vermute ich, dass die HelloFresh Erfahrung auch Auswirkungen auf mein Konsumverhalten bei anderen Rocket Internet Unternehmen haben wird.


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